Alles begann mit einem Blick in den Rückspiegel. Die zukünftigen Schlossbewohner waren 2007 mit dem Wagen auf dem Weg durchs Thüringer Becken nach Leipzig, als sie durch das Dorf Kannawurf kamen und im Rückspiegel eine Turmkuppel sahen. Die Neugierde siegte und sie stiegen aus. Nur wenige Wochen später saßen sie beim Notar, um die Ruine von Schloss Kannawurf zu kaufen. Für 3.500 Euro. Plus Verpflichtungen. Es sollte der Anfang von etwas gänzlich Neuem werden.
Heute beherbergt das für etwa zwei Millionen Euro sanierte Schloss aus dem Jahr 1564 das Künstlerhaus Thüringen e.V. „Wir haben Proben- und Arbeitsräume für Maler, Schauspieler und Musiker“, sagt Peter Moltmann. „Es gibt Theater, Konzerte und Ausstellungen. Wir wollen Hochkultur aufs Land bringen.“ Und nicht nur die Kannawurfer kommen zu ihnen, sondern auch Menschen aus dem ganzen Land.
Seit 2015 wenden sich die Akteure des Künstlerhauses zunehmend der Landschaft zu. Denn: Das Thüringer Becken ist mit seinen höchst fruchtbaren Böden schon lange von der industriellen Landwirtschaft erobert worden – ohne Rücksicht auf ökologische Aspekte, Biodiversität oder gar Kultur. Moltmann: „Deswegen wollen wir die Menschen dafür sensibilisieren, was Landschaft eigentlich ist – und wem sie gehört.“
Neben einem Fotoprojekt bauten sie im Sommer 2017 eine temporäre Theaterspielstätte auf einen Hügel mit Blick übers Land – und viele Menschen kamen zu Veranstaltungen, zum Feiern und um die Aussicht zu genießen. Jetzt wollen sie gemeinsam mit den Menschen vor Ort sogenannte „Gartenzwerge“ in die Landschaft setzen: ein Quadratmeter große Beete auf Paletten, die in Eigenregie durch die Anwohner bepflanzt und gepflegt werden sollen. Als Höhepunkt aber sollen gemeinsam 330 Eichen gepflanzt werden, die Eicheln kommen von 400 Jahre alten Bäumen in der Region. „Bäume pflanzen ist etwas Tolles: Sie erzählen viel über unsere Geschichte, über die Generationen.“ Und vielleicht sind sie so etwas wie Mahnmale gegen die Ausbeutung der Natur.