„Stell` Dir vor I Du bist 16 I Du willst etwas erleben I die Freuden des Lebens genießen“, dichtet der junge Mann im schwarzen Hoodie. Er spricht über rechte Gewalt gegen die sorbische Minderheit in Ostsachsen. „Doch urplötzlich gibt man Dir zu verstehen I Dass Du anders seist I Nicht hierher gehörst I Du wirst mit Hass konfrontiert I Man droht dir mit Gewalt in deinem eigenen Zuhause I Was macht das mit Dir?“ Auf seinem Pulli steht „(L)OST POETS“, seine linke Hand schwingt im Rhythmus der Worte. „Spoken Word“ nennt man das, was er da vorträgt.
Sich auf diese Weise auszudrücken, hat ihm Jessy James LaFleur beigebracht, gebürtige Belgierin, Rapperin, Moderatorin und Spoken Word-Künstlerin. Sie engagiert sich für junge Menschen in der Oberlausitz. „Spoken Word“ beschreibt sie als eine junge, aktivistische Poesieform. „Diese Art von Literatur ist der Großvater oder die Großmutter des Rap“, erklärt sie, „Sie gibt Jugendlichen durch die Kraft ihrer eigenen Worte eine lautstarke Stimme“. LaFleur hat das Kollektiv „(L)OST POETS“ gegründet. Das „L“ stehe für Ländlich, OST für die Region und LOST für die vielen verlorenen Geschichten, die man in Deutschland so gut wie nie höre, sagt sie.
In Pandemiezeiten wandelte LaFleur Präsenzworkshops kurzerhand in digitale Trainings um. Jetzt sieht sie die Zeit reif für eine feste Einrichtung, die „Angeprangert! Spoken Word Akademie“. Sie soll ihren Sitz im Kernsiedlungsgebiet der Sorben haben. „Sorbische Jugendliche sind immer wieder von Fremdenfeindlichkeit und Übergriffen betroffen – umso wichtiger, dass sie gestärkt werden“, sagt Jessy LaFleur. Wenn alles so klappt, wie sie es sich vorstellt, wird es neben der Akademie bald auch ein Poetry Café, ein Tonstudio und Übernachtungsmöglichkeiten geben. „Alle sollen die Chance haben, sich dort in der Sparte Spoken Word ausbilden zu lassen. Damit sie im Bestfall merken: Was ich zu sagen habe, ist relevant.“