Vor sieben Jahren ist Hannah Kuke nach Demmin gezogen und steht seitdem mit einer gewissen Fassungslosigkeit vor dem Phänomen, dass eine Beteiligung der Menschen am lokalen politischen Geschehen nicht stattfindet. „Dabei gibt es hier tolle, engagierte Leute“, sagt sie, „und die Verwaltung hat eigentlich auch nichts dagegen.“ Partizipation, kann man daraus schließen, ist einfach nicht eingeübt, hat keine Struktur und keine Vorbilder. Kuke, die früher für eine Agentur Großevents organisiert hat, nennt es einen „Dornröschenschlaf“, gegen den sie schon einige Weckrufe gestartet hat. Nun will sie unter dem Slogan „Hauptsache Demmin – Beteiligungsprozesse leben“ bürgerschaftliche Partizipation einüben. Der Ansatz soll „bottom up“ funktionieren. Der erste Versuchsballon dafür ist die Bürgermeister-Wahl im April 2021: Alle Kandidatinnen und Kandidaten vorher auf eine Bühne, ein Beteiligungs-Tool über Smartphones, offene und kritische Diskussion. Im Vorfeld einer Wahl eigentlich selbstverständlich – in Demmin würde es ohne Kuke wohl nicht stattfinden.
Den zweiten Testballon will sie den riesigen, alten Getreidespeichern widmen, die zusammen mit dem angrenzenden Peene-Ufer am Demminer Hafen das größte Entwicklungsprojekt der Stadt sind. Das Gebäudeensemble soll erhalten, ein Konzept für die Nutzung geschaffen werden. Kuke plant dazu einen „Open Space“: „Erst einmal ganz offen Ideen sammeln, was die Bürgerinnen und Bürger sich da vorstellen können.“ Ergebnisse sollen in „Pop-up Prototypen“ direkt temporär getestet und am Ende alle Ergebnisse an die Verantwortlichen der Stadt Demmin übergeben werden – als Gestaltungsinspiration für die Getreidespeicher aber sicherlich auch dafür, wie gelebte demokratische Bürgerbeteiligung funktionieren kann.