Vor 17 Jahren ist Anja Rohrdiek aus Weimar in ihren Heimatort Lindstedterhorst zurückgezogen. Ihr Engagement für Ort und Region begann, als sie ihr erstes Kind in die Lindstedter Kita gab – dort war sie auch selbst schon betreut worden. Die Kita hat ihre Räume in einem schönen alten Gutshof in der Ortsmitte, verströmte aber, sagt Rohrdiek, doch noch einigen „DDR-Charme“. Also suchte sich die Bauingenieurin Verbündete, die sie im Kita-Team, der Elternschaft und in dem im Gutshaus ansässigen Verein fand. Man packte gemeinsam an, bezog die Kinder demokratisch ein und gestaltete das Außengelände neu, nach Kriterien der Natur- und Erlebnispädagogik. Alle waren begeistert. „Nicht zuletzt dadurch habe ich erkannt, dass wir uns gut selbst helfen können“, sagt Rohrdiek. „Wer nicht handelt, der wird behandelt.“
In Jahren darauf haben sie, viele andere Vereinsmitglieder und Dorfbewohner*innen sich gefragt, was das Leben auf dem Dorf eigentlich ausmacht. Ob es möglich ist, zunächst mit weichen Faktoren wie einem guten sozialen Netzwerk die „harten“ Missstände wie den Ärztemangel, die fehlende Nahversorgung und die weiten Wege zu Bildungs- und Freizeitangeboten auszugleichen.
Herausgekommen ist bei diesen Überlegungen ein Plan für das neue Lindstedt. Den Gutshof hat der Verein mittlerweile von der Gemeinde übernommen. In der Nähe des alten Fachwerkhofs liegen auch die Sporthalle, das Dorfgemeinschaftshaus, die Kirche und die alte Schule. „Da ist viel Potenzial“, sagt Anja Rohrdiek. Aber es dürfe eben nicht jeder „in seinem eigenen Klüngel“ denken, sondern man müsse sich gemeinsam bemühen, vom Sportverein bis zum Männergesangsverein.
Ließe sich ein Café mit der Dorf-Bibliothek verbinden? Eine kleine Versorgungsstation mit Lebensmitteln einrichten, die durch eine Kooperation mit einem Wirtschaftspartner betrieben wird? Gibt es Freiwillige, die den einen Seniorennachmittag weiterführen? Macht es Sinn, als Gemeinschaft ein Auto zum Teilen anzuschaffen? Ferienwohnungen im Gutshaus bietet der Verein schon an, aber die Coworking-Angebote könnten noch ausgebaut werden. Man müsse sich darüber klar sein, dass nicht alles im Ehrenamt zu stemmen sei, sagt Anja Rohrdiek, die selbst berufstätig ist und im Ortschafts- wie Stadtrat mitwirkt.
Die Frage muss also auch lauten: Welche Akteur*innen könnten aus wirtschaftlichen Gründen Interesse an der einen oder anderen Dienstleistung haben? „Wenn wir das alles zusammen durchdenken, dann wird das was – auch mit einem Zuzug nach Lindstedt. Ich will schließlich nicht alleine hier sitzen, wenn ich alt bin.“