Es gibt Menschen, die für einen Job wie gemeißelt sind. Nehmen wir Ira Roschlau. Tochter von DDR-Diplomaten aus Berlin und bereits vor der Wende Pendlerin zwischen Ost und West, ausgebildete Coachin und Moderatorin, Mediatorin, Transformations-Beraterin für Unternehmen. Und das ist noch nicht alles. Aber doch das Wesentliche, um einen so wichtigen Posten wie den der Geschäftsführerin des „DenkRaumOst“ auszufüllen, eine gemeinnützige UG, die sich zum Ziel gesetzt hat, „den Charme des Osten Deutschlands, seine Schönheit, seine Potenziale und Innovationen sichtbar zu machen, zu fördern und den oft negativen Klischees positive Beispiele gegenüberzustellen“, wie es auf der Website heißt.
Ein wichtiges, ein großes Ansinnen. Die Liste der Aktivitäten des erst 2022 gegründeten Unternehmens liest sich entsprechend beeindruckend: Da wird im Hans-Otto-Theater Potsdam über die „Schwierigkeit mit der Freiheit“, in der Alten Försterei in Berlin mit dem Wirtschaftsrat 1. FC Union e.V. beim StadionGespräch über „Der Osten in den Medien“, in der SpardaBank Berlin über „Genossenschaften – ein Erfolgsmodell für Ostdeutschland?“ diskutiert oder auf einem Praxisforum in Magdeburg der Frage nachgegangen, ob „Transformation eine Kompetenz des Ostens“ ist. „Uns geht es darum, die demokratische Diskursfähigkeit wiederherzustellen und zu üben, überhaupt erst einmal wieder respektvoll in den Dialog zu kommen“, sagt Ira Roschlau. „Denn da ist in den vergangenen Jahren viel auf der Strecke geblieben.“
War sie und ihr Team bisher vor allem auf den Osten fokussiert, dreht sich nun langsam die Blickrichtung nach Westen, ab 2026 will man Formate auch dort anbieten. Und vielleicht ist Frau Roschlaus neuste Idee dafür ein guter Zwischenschritt: Beim „Ost-West-Salon“ mit dem Motto „Zukunft hat Herkunft“ schafft sie in Schöneiche bei Berlin einen lockeren und vertraulichen Rahmen, um moderiert über ehemalige und im Kopf noch bestehende Grenzen ins Gespräch zu kommen – vor allem über „persönliche Erfahrungen und Perspektiven aus über 70 bis 35 Jahre deutscher Geschichte“, aber auch über aktuelle Themen. Jeweils 10 bis 16 Menschen, paritätisch aus Ost und West, kommen dazu einmal im Monat mit Speis und Trank an verschiedenen Orten zusammen: im Museumspark Rüdersdorf etwa, im Atelier einer befreundeten Künstlerin, aber auch in der Kirche, im Theater, im privaten Garten, bei der Feuerwehr.
„Wir wollen dabei vor allem auf das Verbindende schauen“, sagt Ira Roschlau, „ohne das Trennende zu vergessen, wir müssen Meinungen aushalten können.“ Denn auch nach 35 Jahren Einheit sei unser Land noch immer eine „Art Labor, in dem wir nicht so sehr die Defizite, sondern die Potenziale und Schätze sehen, uns die Haben-Brille aufsetzen sollten“. Damit sich ihre Idee verbreitet und möglichst viele Menschen in den Austausch und damit zu gegenseitigem Verständnis kommen, hofft sie auf den Schneeballeffekt: Vielleicht tragen die Teilnehmenden die Idee auch aus Schöneiche in den Landkreis hinaus und sogar in andere Orte hinein, nach Ost wie West.